Market Insight
FRÜHJAHR 2018
Jahresbericht
Jahr 2018
Market Insight
HERBST 2018
Market Insight
WINTER 2018-2019
4 Verfügbaren Kapitel - Download des PDF
1. Wirtschaftliches Umfeld
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3. Betriebsbedingungen
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9 Verfügbaren Kapitel - Download des PDF
1. Wirtschaftliches Umfeld
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3. Güterumschlag in Häfen
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5. Flottenbestand
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7. Flusskreuzfahrten
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8. Unfälle
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9. Ausblick
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• Die Transportnachfrage für landwirtschaftliche Erzeugnisse ist eng mit den Ernteergebnissen sowohl in der Rheinregion als auch im Donauraum verknüpft.
• Die schlechten Ernteergebnisse des Jahres 2016 in der Rheinregion wirkten sich direkt auf den Verkehr auf dem Rhein in den Jahren 2016 und 2017 aus. Hier gab es zwischen 2016 und 2017 einen Rückgang von 14% in diesem Segment.
• Die Vorhersage für den Getreidetransport im Jahr 2018 weist auf einen Anstieg hin, nach einer Erholung bei den Getreideernten in den Jahren 2017 und 2018.
• Biomasse ist ein Marktsegment, das langfristig ein hohes Potential besitzt, und Biomassenerzeugnisse sind statistisch ein Teil des Nahrungsmittelsegments.
Landwirtschaftliche Erzeugnisse sind ein wichtiges Segment der Binnenschifffahrt. Sie sind besonders wichtig für die Donaustaaten, wo ihr Anteil an der Gesamtverkehrsleistung in Bulgarien 40%, in Rumänien 34% und in Ungarn 26% erreicht. Aber in einigen Teilen Westeuropas besitzten sie ebenfalls einen hohen Anteil an der Gesamtverkehrsleistung, z. B. 23% in Frankreich und 47% in Luxemburg.
Quelle: Eurostat [iww_go_atygo] * blau = Rheinstaaten, rot = Donaustaaten
Schlechte Ernteergebnisse, wie sie in Westeuropa im Jahr 2016, oder im Donauraum im Jahr 2017 auftraten, können eine starke Auswirkung auf die Gesamtbeförderungsentwicklung in diesen Ländern haben. Im Donauraum ist dieses Segment für die mittleren Donaustaaten (Ungarn, Kroatien, Serbien) sehr wichtig, wo große Teile der Transportnachfrage in der Binnenschifffahrt auf landwirtschaftlichen Erzeugnissen, Nahrungsmitteln und Nahrungsmittelprodukten beruhen. Der Rückgang der Ernteergebnisse in den Donaustaaten im Jahr 2017 und in den Rheinstaaten 2016, wie in Kapitel 2 erwähnt, wird in der folgenden Abbildung gezeigt.
Quelle: Eurostat [apro_cpsh1]. * Getreide ohne Reis, einschließlich der Produktion von Saatgut
CH9 Grain harvest volumes in middle Danube countries
Quelle: Eurostat [apro_cpsh1]. * Getreide ohne Reis, einschließlich der Produktion von Saatgut Benelux = Niederlande, Belgien und Luxemburg
CH9 Grain harvest volumes in Rhine countries
Der Zusammenhang zwischen Ernteergebnissen und der Beförderung von Ernteprodukten auf Binnenwasserstraßen wird deutlich, wenn die Gesamtmenge der Getreideernten in den Rheinstaaten (Belgien, Frankreich, Deutschland, Luxemburg, die Niederlande) mit der Verkehrsleistung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse auf Binnenwasserstraßen in diesen Staaten verglichen wird (siehe Abbildung).
Quelle: Eurostat [apro_cpsh1], [iww_go_atygo] * Belgien, Frankreich, Deutschland, Luxemburg, Niederlanden
CH9 Grain harvest of Rhine countries and IWW transport performance for agricultural products
Mit Ausnahme des Jahres 2010 folgte einem Anstieg oder Rückgang der Erntemengen ein Anstieg oder Rückgang der Transportnachfrage für landwirtschaftliche Erzeugnisse. Im Jahr 2016 gingen die Ernteergebnisse in Frankreich und Deutschland stark zurück, was zu einem starken Einbruch der Beförderungsaktivität im Jahr 2016 und 2017 führte.
Um den Zusammenhang zu beurteilen, wurden die rechnerischen Durchschnitte der Ernteergebnisse (h) von zwei aufeinanderfolgenden Jahren [1/2 × (ht-1 + ht)] als Indikator verwendet, der mit der Transportnachfrage im Jahr t verglichen wurde.
Dahinter steckt folgende Überlegung: wenn eine schlechte Ernte auftritt, wie im Jahr 2016, hat dies nicht nur Einfluss auf die Beförderung von Getreide im gleichen Jahr, sondern auch auf die Beförderung im folgenden Jahr. Getreide wird im Sommer geerntet, daher beeinflusst, bis eine neue Ernte auf den Markt kommt, das Ergebnis des Vorjahres immer noch die Menge an befördertem Getreide.10
Bei Frankreich, dem westeuropäischen Land mit den höchsten Erntemengen, das über eine Datensammlung zurück bis 1990 verfügt, ist der folgende, langfristige Zusammenhang zu beobachten:11
10 Tatsächlich ist der Zusammenhang zwischen den Ernteergebnissen des Jahres t und der Transportnachfrage im Jahr t deutlich schwächer als der Zusammenhang zwischen den durchschnittlichen Ernteergebnissen der Jahre (t-1) und t mit der Beförderung im Jahr t.
11 Jeder Punkt in der Abbildung entspricht einer Kombination von Getreideerntemengen und Beförderungen von Getreide in Frankreich in einem bestimmten Jahr.
Quelle: Eurostat [apro_cpsh1], Voies Navigables de France, ZKR-Auswertung
CH9 Grain harvest in France and transport of agricultural products in France
Die jährliche Änderungsrate bei den Getreideernten in Frankreich wird nun mit der Änderungsrate der Agrartransporte in Frankreich verglichen. Das Ergebnis ist in der folgenden Abbildung zu sehen.
Quelle: ZKR basierend auf Eurostat [apro_cpsh1] und Voies Navigables de France
CH9 Grain harvest in France and IWW transport of agricultural products in France
Die Ernteergebnisse in Frankreich weisen eine zyklische Struktur auf. Spitzenwerte treten in den Jahren 2005, 2009 und 2015 auf, und Minima in den Jahren 2006, 2011 und 2016. Ein meteorologischer und agrarwissenschaftlicher Nachweis könnte diese Struktur erklären.
Das französische Ministerium für Landwirtschaft, insbesondere seine Abteilung für Statistik und Marktbeobachtung, AGRESTE, veröffentlicht jeden Monat ein Bulletin, in dem monatliche Werte für die aktuelle Saison sowie die Saison davor mit einer Zeitverzögerung von zwei Monaten präsentiert werden.
Quelle: Ministère de l’agriculture et de l’alimentation / Bulletin mensuel « Grandes Cultures »
CH9 Monthly grain harvest in France per harvest season
Diese Daten zeigen die schlechten Ernteergebnisse im Juli 2016, die die Hauptursache für einen Rückgang der Getreideernten in der Saison 2016/2017 waren. Die Ernteergebnisse in der Saison 2017/2018 liegen sehr nah an den Ergebnissen der Saison 2015/2016.
Quelle: ZKR-Auswertung basierend auf [apro_cpsh1], Voies Navigables de France
CH9 Grain harvest in France, transport of agricultural products (1990-2017) and forecast for 2018
Berücksichtigt man die Ernteprognose und das Verhältnis zwischen der Ernte und den Beförderungsmengen, sollte der Transport von landwirtschaftlichen Erzeugnissen in Frankreich im Jahr 2018 erwartungsgemäß rund 10,1 Millionen Tonnen erreichen. Verglichen mit dem Jahr 2017 würde dies einen Anstieg von 15% bedeuten. Verglichen mit den Ergebnissen des Zeitraums 1990-2017 wäre dies ebenfalls ein Ergebnis am oberen Ende des Spektrums.
In den beiden letzten Dekaden (1996-2016) ist der Trend bei der Erzeugung von Primärenergie in Europa für fossile Brennstoffe und Atomenergie stark rückläufig gewesen. Die Sektoren, in denen sich diese Entwicklung am stärksten auswirkt, sind Mineralölprodukte mit einem Rückgang von 57% und fossile Brennstoffe, deren Produktion um 51% gesunken ist. Im gleichen Zeitraum ist die Produktion erneuerbarer Energien jedoch durch ein enormes Wachstum von 139% gekennzeichnet.
Diese strukturelle Entwicklung ist teilweise der in Europa initiierten Energiewende geschuldet, aber auch der fortschreitenden Verlagerung der öffentlichen Energiepolitik hin zu erneuerbaren Energien. Dies geschieht zu Lasten von Industrien, die bis dahin als Schlüsselsektoren für die Binnenschifffahrt angesehen wurden, besonders im Rheingebiet und sowohl bei Kohle als auch Mineralölprodukten.
Quelle: Eurostat [nrg_100a] ZKR-Auswertung
CH9 Primary energy production in the EU
Abgesehen vom Bausektor, der seine Aktivität in Europa in den nächsten Jahren voraussichtlich ausweiten wird, besitzen die meisten traditionell mit der Binnenschifffahrt verbundenen Sektoren nur begrenzte Wachstumsaussichten. Der Kohleverbrauch wird erwartungsgemäß mit dem fortschreitenden Auslaufen der Kohlekraftwerke und dem starken Bekenntnis der Politiker zur Ökologisierung des Energiesektors sinken. Die Nachfrage nach Öl ist in den vergangenen zehn Jahren zurückgegangen und wird voraussichtlich stagnieren, wohingegen der Gasverbrauch und die Produktion von Metallen leicht ansteigen werden.
Die landwirtschaftlichen Erzeugnisse zeigen jedoch für die kommenden Jahre einen Aufwärtstrend, gefördert durch die steigende Bedeutung der Biomasse auf dem europäischen Markt der Energieressourcen. Der Restrukturierungsprozess, der im Agrarsektor rund um die wachsende Nachfrage nach Biomasse stattfindet, bietet für die Binnenschifffahrt wichtige Möglichkeiten.
• Die Biomasse ist eine erneuerbare Energiequelle und stellt alle organischen Materialien dar, die als Energiequelle dienen können. Sie kann entweder direkt via Holzverbrennung oder indirekt nach einem Methanisierungsprozess (Biogas) oder einer chemischen Umwandlung (Biobrennstoff) erschlossen werden.
• Es können daher drei Formen von Biomasse unterschieden werden: feste Biobrennstoffe, flüssige Biobrennstoffe und Biogas. Feste Biobrennstoffe werden aus Holz und Holzprodukten hergeleitet, wie etwa Holzpellets. Elektrizität und Wärme werden durch einen Verbrennungsvorgang produziert, der chemische Energie aus dem Holz freisetzt. Flüssige Biobrennstoffe werden hauptsächlich im Transportsektor verwendet. Die erste Generation von flüssigen Biobrennstoffen wurde aus Lebensmitteln aus landwirtschaftlicher Produktion erzeugt, wie etwa Sojabohnen, Raps und Zuckerrohr. Sie enthielten Biodiesel (hergestellt aus Pflanzenöl) und Bioethanol (hergestellt aus Zucker und Stärke). Die zweite Generation an Biobrennstoffen wurde aus nicht für die Nahrungsmittelproduktion genutztem Pflanzenmaterial hergeleitet, wie etwa landwirtschaftlichem Abfall.
• Angesichts der geografischen und klimatischen Aspekte und der Tatsache, dass die europäischen Staaten zum größten Teil urbanisierte Länder sind, haben andere erneuerbare Energiequellen wie Wasser-, Solar- und Windenergie nur begrenzte Entwicklungsaussichten. Dagegen ist Biomasse durch ein hohes Maß an Stabilität und Vorhersagbarkeit gekennzeichnet, und erscheint daher als ein großes Potential für den Sektor der Erneuerbaren Energie in Europa.
• Mit einem Anteil von 65% an der gesamten Nachfrage an erneuerbaren Energien im Jahr 2016 ist Biomasse die bei weitem wichtigste Quelle erneuerbarer Energien in Europa.
Seit 1990 hat sich der Binnenverbrauch von Biomasse in der EU verdreifacht.
Quelle: Eurostat [nrg_107a], ZKR-Auswertung
CH9 Distribution of biomass inland consumption in 2016
Mit der Sättigung ihrer traditionellen Sektoren sollte die Binnenschifffahrt nach neuen Marktsegmenten Ausschau halten, die das Potential zur Erweiterung bieten. Die umfangreiche Analyse der drei Binnenhäfen – Straubing (Deutschland), Mannheim (Deutschland) und Lüttich (Belgien) -, die in unterschiedlichem Ausmaß mit Biomasse und den erneuerbaren Energien zu tun haben, legt nahe, dass das Segment Biomasse bei der Aufwärtsentwicklung der Binnenhäfen und des Binnenschifffahrtsektors im Allgemeinen eine bedeutende Rolle spielen könnte.
Der Hafen Straubing ist ein Donauhafen in der Region Niederbayern in Süddeutschland. In einer fruchtbaren Region gelegen, in der Landwirtschaft und Wälder reichlich vorhanden sind, ist der Hafen auf landwirtschaftliche Erzeugnisse spezialisiert. Genauer gesagt, machen Biomasse und die Ausbeutung ihres Energiepotentials die Kernaktivität des Hafens aus.
Mit der Unterstützung der lokalen und regionalen Behörden strebt der Hafen an, ein Cluster an Biochemie und Biotechnologien zu entwickeln, das die innovative Produktion von erneuerbarer Energie und den Transportsektor der Binnenschifffahrt verbindet.
Quelle: Hafen Straubing
CH9 Modal split in the port of Straubing
Quelle: Hafen Straubing
Die Straße ist noch immer der dominante Verkehrsträger im Hafen Straubing, aber mit den zunehmenden Importen von Biomasse aus den Donaustaaten (Ungarn, Österreich) und dem Bestreben der Hafenbehörden, alternative Verkehrsträger zu fördern, findet eine stärkere Verlagerung von der Straße zur Binnenschifffahrt statt.
Der Großteil der im Hafen Straubing beförderten Biomasse umfasst Soja und Raps, von denen eine große Menge durch ein Nahrungsmittel verarbeitendes Unternehmen für die Produktion von flüssigen Biobrennstoffen (Rapsöl) verwendet wird. Ein Nebenprodukt dieser Umwandlung ist Rapsschrot, der im Nahrungsmittelsektor verwendet wird. Wie das Rapsöl, wird er per Schiene nach Österreich und Mainz befördert, wo er in entsprechenden Raffinerien in Biodiesel umgewandelt wird.
Die Nutzung von Binnenwasserstraßen für die Beförderung von Biomasse und Produkten aus ihr bietet unterschiedliche Vorteile. Aus logistischer Perspektive werden große Mengen an Biomasse befördert, da die Produktion von Biobrennstoffen den Transport großer Mengen an Rohmaterialien erfordert. Zudem ist die in Straubing beförderte Biomasse meistens haltbar, kann also mehrere Tage gelagert werden. Die Binnenschifffahrt, in der die Fahrtzeit länger als im Straßen- und Schienentransport ist, ist daher für die Beförderung von Biomasse besonders geeignet. Aus der Perspektive des Hafens bietet der Transport von Biomasse durch die Binnenschifffahrt einen signifikanten Mehrwert, da seine Aktivitäten auf eine Förderung des Sektors der erneuerbaren Energien und, in großem Umfang, einer nachhaltigen Entwicklung zielen.
Die Aktivitäten des Hafens Mannheim sind eng mit der Bioenergie-Industrie verknüpft. Die Biomasse – meist Raps – wird über Binnenwasserstraßen und die Straße zum Hafen Mannheim befördert. Sie kommt aus dem Benelux-Raum (Rotterdam), aus Nordost-Frankreich (Metz, Ottmarsheim, Elsass) und aus den Landwirtschaftsregionen Deutschlands über den Neckar und den Main.
Quelle: Hafen Mannheim
CH9 Evolution of volume of biomass traffic in the port of Mannheim
Quelle: Hafen Mannheim
CH9 Structure of foodstuffs and animal fodder segment in the port of Mannheim
Die Menge an beförderter Biomasse und Biodiesel war im Hafen Mannheim seit 2015 relativ stabil. Raps ist der Hauptrohstoff zur Herstellung von Bioenergie und stellt daher mit annähernd 750.000 Tonnen die größte beförderte Menge dar. Die Beförderung von Rapsschrot, das ein Nebenprodukt der Rapsölherstellung ist, erreichte im Jahr 2017 rund 350.000 Tonnen.
Die Ölmühle Bunge nimmt Raps an, speichert ihn und produziert Rapsöl und Rapsschrot, ein Nebenprodukt, das im Nahrungsmittelsegment genutzt wird. Das meiste Rapsöl wird an die Mannheim Bio Fuel GmbH, ein Unternehmen des Hafens, geliefert, um zu Biodiesel verarbeitet zu werden. Die nominelle Kapazität des Produktionsstandorts Mannheim beträgt 120.000 Tonnen Biobrennstoff pro Jahr.
Aus Sicht der Unternehmen, die sich im Raum Mannheim auf Biomasse spezialisiert haben, bieten Binnenwasserstraßen wichtige Möglichkeiten hinsichtlich der Transportlogistik. Binnenschifffahrt bietet tatsächlich einen ökologischen, wettbewerbsfähigen und zuverlässigen Weg, sehr hohe Mengen von Biomasse zu befördern. Die Nutzung der Binnenwasserstraßen für den Handel von Biomasse und Biobrennstoff ist besonders vorteilhaft, da sie eine direkte Verbindung zu den Seehäfen Amsterdam-Rotterdam-Antwerpen bieten, die eine Schlüsselkomponente in der europäischen Ölversorgungskette bilden.
Soweit der Hafen Mannheim betroffen ist, schafft das Wachstum des Segments Biomasse die Möglichkeit, bei der Beförderung auf Binnenschiffen das Image eines nachhaltigen Verkehrsträgers aufzubauen, der sich im Einklang mit Umweltfragen und der Energiewende befindet.
Als größter Binnenhafen Belgiens und drittgrößter Binnenhafen Europas befindet sich der Hafen Lüttich im Herzen des Rhein-Schelde-Maas-Flussbeckens, dem dichtesten Flussbecken der Welt. Im Jahr 2012 wirkte sich die schwierige wirtschaftliche Lage und die Krise der Stahlindustrie signifikant auf den Frachtverkehr im Hafen Lüttich aus, dessen Aktivität bis dahin stark von den Transportsegmenten Eisenerze und Kohle abhing.
Dennoch gelang es dem Hafen seit 2014, das vor der Krise erzielte Verkehrsaufkommen wieder zu erreichen, indem er in neue Infrastrukturen (die multimodale Logistikplattform Liège Trilogiport) investierte und seine Aktivitäten mit Blick auf expandierende Segmente der Binnenschifffahrt, wie die Container- und Biomassebeförderung, neu strukturierte.
Im Jahr 2005 wurde das Kohlekraftwerk Awirs, das am linken Ufer der Maas liegt, vollständig in ein Biomassekraftwerk umgewandelt. Durch dieses weltweit einzigartige Projekt stieg der Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch, in Übereinstimmung mit der Zusage Belgiens im Rahmen des Klima- und Energiepakets der Europäischen Kommission 2020, auf 13%.
Das Biomassekraftwerk verwendet zur Erzeugung elektrischer Energie Holzpellets als Energiequelle, und diese werden hauptsächlich in Belgien, Frankreich und Deutschland produziert. Rund 1.200 Tonnen Holzpellets werden zum Kraftwerk per Schiff auf der Maas oder auf der Straße transportiert.
Quelle: Hafen Lüttich
CH9 Traffic of wood products in the port of Liège
Quelle: Oxford Economics, ZKR-Auswertung
Die Umwandlung eines Kraftwerks in ein Biomassekraftwerk erschloss im Hafen Lüttich ein neues Transportsegment. Im Jahr 2007 erreichte die Beförderung von Holzpellets auf Binnenwasserstraßen 400.000 Tonnen und hat über zwei Jahre zugenommen. Von 2010 bis 2014 ging der Binnenverkehr von Holzprodukten im Hafen Lüttich erheblich zurück. Dieser Rückgang war der schwachen Aktivität des Biomassekraftwerks geschuldet, das in den frühen Jahren seines Betriebs nur eine sehr geringe Profitabilität aufweisen konnte. Tatsächlich waren die Betriebskosten des Kraftwerks mit dem Anstieg der Holzpelletpreise zu hoch, während der Strompreis als zu niedrig angesehen wurde.
Dennoch ist der Holzpelletsverkehr im Hafen Lüttich seit 2015 wieder gestiegen, dank öffentlicher Unterstützung und der Änderung der Gesetzgebung bezüglich der grünen Zertifikate, die dem Biomassekraftwerk eingeräumt wurden. Zudem wird die Aktivität der Holzindustrie in Europa in den kommenden Jahren erwartungsgemäß zunehmen. Die Beförderung von Holzprodukten in Lüttich folgt demselben Trend wie die Holzproduktion in der EU, und dieses erwartete Wachstum stellt für den Verkehr von Holz und Holzprodukten im Hafen Lüttich ein positives Signal dar.
Der Fall des Hafens Lüttich zeigt, dass der Biomassemarkt für die Aktivitäten des Hafens in Bezug auf Marktmöglichkeiten zwar große Vorteile bieten kann, es sich hierbei aber noch immer um ein aufstrebendes Segment handelt, das durch ein anfälliges Wachstum gekennzeichnet ist. Der Markt für Holz und Holzprodukte ist zyklisch und sehr volatil. Zudem hängt der Transport von Holzprodukten auf Binnenschiffen in Lüttich stark von der Aktivität des Biomassekraftwerks ab, das selbst stark von den öffentlichen Behörden unterstützt wird.
Das Beispiel der beiden deutschen Häfen und des belgischen Binnenhafens zeigt zwei wichtige Aspekte der Integration des Segments Biomasse in den Binnenschifffahrtsmarkt. Einerseits weisen die Kennzeichen des Biomasse-Sektors – Nähe zur Agrarindustrie, große Mengen, die für die Produktion von Biobrennstoff notwendig sind, großes Wachstumspotential, politische Verpflichtungen für Erneuerbare Energien – positive Signale für die Binnenschifffahrt auf.
Andererseits zeigt die Analyse der drei Fälle, dass in den meisten Fällen die mit Biomasse in Zusammenhang stehenden Unternehmen in der Nähe von Häfen angesiedelt sind, oder sogar auf Initiative eines Hafens entwickelt wurden. Dies legt nahe, dass die Binnenhäfen nicht nur logistische Plattformen für den Transport auf Binnenwasserstraßen sind, sondern auch effektive Verarbeitungs- und Produktionsstandorte für den Bioenergie-Sektor und allgemein für Industriesektoren mit einem hohen innovativen Potential. Daher könnten auch Binnenhäfen als Industrieakteure von der stärkeren Einbindung des Segments Biomasse in die Binnenschifffahrt profitieren, um sich als Wirtschaftscluster mit europäischer Reichweite herauszubilden.
Quelle: Oxford Economics. *in Mio. t RÖE (1000 Tonnen)
Quelle: Oxford Economics. * in Milliarden USD, Preise von 2010
Quelle: Oxford Economics. * in Milliarden USD, Preise von 2010
Die Öl- und Kohlenachfrage in der Europäischen Union wird voraussichtlich langfristig zurückgehen, auf Grund der Dekarbonisierung im Energiesektor, der Einsparungen beim Energieverbrauch und besonders durch den Wechsel von Öl und Kohle hin zu erneuerbaren Energien. Diese Abwärtstrends werden sich offenkundig auf die Transportnachfrage nach Kohle und Mineralölprodukten auswirken.
Für den Ausstoß an landwirtschaftlichen Erzeugnissen wird ein begrenztes Wachstum prognostiziert. Die Eisen- und Stahlproduktion wird in Europa voraussichtlich langfristig stagnieren, obwohl sich in bestimmten Staaten (z. B. Deutschland) eine positivere Entwicklung abzeichnet.
Die Baubranche und die Chemieproduktion gehören zu den wichtigsten Wachstumssegmenten der Binnenschifffahrt. Weitere wachsende Segmente sind neue Märkte wie die Biomasse, der urbane Wasserstraßenverkehr und der Containertransport.
3 Verfügbaren Kapitel - Download des PDF
2. Betriebsbedingungen
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3. Im Fokus: die Niederlande
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