• Die Flusskreuzfahrtsaison 2020 war geprägt von der Covid-Pandemie, die die Flusskreuzfahrtbranche nicht nur auf der Nachfrageseite, sondern auch auf der Flotten- bzw. Angebotsseite in hohem Maße beeinträchtigte.
• Trotz der Krise stieg die Zahl der Kreuzfahrtschiffe in Europa auf 397, 19 neue Schiffe (die gleiche Zahl wie im Jahr 2019) wurden in Betrieb genommen. Für die nächsten Jahre wird jedoch ein Abwärtstrend bei der Neubaurate für Flusskreuzfahrtschiffe erwartet, was sich auch auf die Werften auswirkt.
• Als direkte Folge der Pandemie ging die Anzahl der Flusskreuzfahrten im Jahr 2020 auf der Donau um 91%, auf dem Rhein um 82% und auf der Mosel um 70% zurück.
• Ebenso ging die Zahl der Passagiere auf Tagesausflugsschiffen in Europa deutlich zurück. In Straßburg wurde im Jahr 2020 ein Rückgang von 79% beobachtet.

 

FLOTTE FÜR FLUSSKREUZFAHRTEN28

 

  • Die Flusskreuzfahrtsaison 2020 war geprägt von der Covid-Pandemie, die die Flusskreuzfahrtbranche nicht nur auf der Nachfrageseite, sondern auch auf der Flotten- bzw. Angebotsseite in hohem Maße beeinträchtigte. In der Tat liegen viele Schiffe seit einem ganzen Jahr „auf Eis“, die ältesten und weniger effizienten Schiffe wurden von einigen Betreibern sogar verkauft. In der Hoffnung auf eine bessere Saison im Jahr 2021 wurden jedoch 2020 viele Neubaubestellungen nicht storniert. Für die nächsten Jahre wird ein Abwärtstrend bei der Neubaurate für Flusskreuzfahrtschiffe erwartet, was sich auf die Werften auswirken dürfte.
  • Im Jahr 2020 bleibt die Flusskreuzfahrtflotte in der EU-Region die größte , gefolgt vom Nil und anderen afrikanischen Flüssen. Die europäische Flotte wuchs seit 2005 kontinuierlich. In fast zwei Jahrzehnten wuchs sie um 150%, wobei das höchste Wachstum zwischen 2013 und 2015 zu verzeichnen war (als Viking River Cruises stark in neue Flusskreuzfahrtschiffe investierte). Heute treiben sowohl amerikanische als auch europäische Passagiere das Wachstum der europäischen Flotte an, während auch die Zahl der chinesischen Gäste vor Covid einen raschen Anstieg erlebte.29
  • Berücksichtigt man die Anzahl der Schiffe, so macht die aktive Flusskreuzfahrtflotte in Europa mehr als 40% der weltweiten aktiven Flotte aus.30 Die Flotte für Flusskreuzfahrten in der EU-Region konzentriert sich hauptsächlich auf mitteleuropäische Wasserstraßen,31 die, gemessen an der Anzahl der Schiffe, einen Anteil von fast 75% an der gesamten Flusskreuzfahrtflotte in der EU haben.
  • Im Jahr 2020 erreichte die Anzahl der Flusskreuzfahrtschiffe in Europa 397 Fahrzeuge mit insgesamt 57.940 Betten (im Vergleich zu 378 aktiven Schiffen im Jahr 2019 mit 54.814 Betten).

 

ABBILDUNG 1: ANZAHL DER FLUSSKREUZFAHRTSCHIFFE IN DER EU NACH BETRIEBSREGION (2004-2021)*


Quelle: Hader, A. (März 2021), The River Cruise Fleet
*2021: basiert auf Auftragsbestand ab März 2021

 

  • In der Saison 2020 wurden wie im Jahr 2019 19 neue Schiffe in Betrieb genommen. Ein älteres Schiff (gebaut 1955) wurde vom Markt genommen, da es nun außer Betrieb war. Von diesen 19 neuen Schiffen kamen 12 zur Flotte, die auf mitteleuropäischen Wasserstraßen verkehrte, eines auf die Donau, zwei auf den Douro und vier auf die Seine. Sieben dieser neuen Schiffe sind für den deutschsprachigen Flusskreuzfahrtmarkt bestimmt, eine größere Anzahl im Vergleich zu den letzten Jahren.
  • Alle für 2020 geplanten Schiffe waren fertig oder in einer späten Bauphase, als die Covid-Pandemie im März 2020 ausbrach. Einige wurden pünktlich in Betrieb genommen, andere mit einiger Verzögerung. Im gleichen Zeitraum waren bereits mehrere Schiffe für die Auslieferung im Jahr 2021 bestellt worden. Es ist schwierig, eine definitive Anzahl von Stornierungen im Jahr 2021 zu nennen. Es ist jedoch zu beobachten, dass einige Liefertermine verschoben wurden und dass die Anzahl der seit 2020 unterzeichneten neuen Bauverträge äußerst gering ist.
  • Die 11 Neubauten, die 2021 auf den Markt kommen, werden voraussichtlich in folgenden Regionen eingesetzt: acht auf mitteleuropäischen Wasserstraßen, zwei auf der Donau und einer auf der Rhône. Im Jahr 2021 wird ein weiteres Schiff nach einer langen Umbauphase auf den Markt kommen und zwei Schiffe werden aus dem Markt genommen, da sie außer Dienst gestellt wurden.
  • Es wird erwartet, dass sich der Abwärtstrend bei den Neubaubestellungen im Jahr 2022 fortsetzt, da derzeit nur ein neuer Auftrag und ein oder zwei Verschiebungen in den Auftragsbüchern verzeichnet werden. Dies hängt direkt mit der Covid-Pandemie zusammen. Es ist auch sehr unwahrscheinlich, dass irgendein Reiseveranstalter aus Übersee in naher Zukunft neue Kapazitäten bestellen wird. Während die meisten Unternehmen die erste Covid-Saison überlebt haben, wird das Jahr 2021 für viele Betreiber entscheidend sein. Die Auftragsbücher der meisten Hersteller von Flusskreuzfahrtschiffen sind auch für die nahe Zukunft leer.

 

ABBILDUNG 2: NEUE FLUSSKREUZFAHRTSCHIFFE FÜR DEN EUROPÄISCHEN MARKT 2004-2022 (ANZAHL DER KREUZFAHRTSCHIFFE)*


Quelle: Hader, A. (März 2021), The River Cruise Fleet
* 2021 und 2022: basiert auf Auftragsbestand ab März 2021

 

  • Die 19 neuen Schiffe, die im Jahr 2020 auf den Markt kamen, brachten eine zusätzliche Kapazität von 3.155 Betten (im Vergleich zu 3.131 Betten im Jahr 2019) in den Flusskreuzfahrtmarkt in Europa. Der Anstieg der Nettokapazität betrug 5,6%. Im Jahr 2021 wird die zusätzliche Kapazität voraussichtlich fast 2.000 Betten für 11 neu auf den Markt kommende Schiffe erreichen.
  • Die durchschnittliche Bettenzahl in neuen Flusskreuzfahrtschiffen lag im Jahr 2020 bei 166, eine Zahl, die nach einem Rückgang zwischen 2014 und 2018 wieder ansteigt. In der Tat kamen 2019 sieben große Kreuzfahrtschiffe mit einer hohen Passagierkapazität (190 Betten) auf den Markt, sowie drei im Jahr 2020. Für 2021 werden vier solcher Kreuzfahrtschiffe mit hoher Passagierkapazität erwartet.

 

ABBILDUNG 3: NEUE KREUZFAHRTKAPAZITÄTEN IN DEN JAHREN 2019, 2020 UND 2021 PRO BETRIEBSREGION (ANZAHL DER BETTTEN)*


Quelle: Hader, A. (März 2021), The River Cruise Fleet
* R-M-D= Rhein/Main/Main-Donau-Kanal/Donau. Auch im Jahr 2019 entstehen 150 neue Betten auf dem Rhein durch den Umbau eines bestehenden Schiffes. * 2021: basiert auf Auftragsbestand ab März 2021

 

ABBILDUNG 4: ANZAHL DER FLUSSKREUZFAHRTSCHIFFE IN DER EU NACH BAUJAHR


Quelle: Hader, A. (März 2021), The River Cruise Fleet
 

NACHFRAGE NACH FLUSSKREUZFAHRTEN

 

  • Im Jahr 2020 unternahmen 124.800 Passagiere eine Flusskreuzfahrt auf den europäischen Wasserstraßen. Diese Zahl stellt einen Rückgang von 93% im Vergleich zu 1,79 Mio. Passagieren im Jahr 2019 dar. Aufgrund der strengen Reisebeschränkungen wurde der einst dominierende Anteil US-amerikanischer Passagiere (36,7% von 1,79 Millionen im Jahr 2019) im Jahr 2020 aufgerieben und machte nur noch 0,11% der oben genannten 124.800 Passagiere aus. Die Nationalität mit dem höchsten Anteil waren im Jahr 2020 die Deutschen, die 78% aller Kreuzfahrtpassagiere stellten. Weitere Nationalitäten waren Schweizer (6,4%) und Österreicher (5,9%).
  • Die jährlichen Durchfahrtzahlen der Flusskreuzfahrtschiffe auf Rhein, Donau und Mosel zeigen für 2020 einen enormen Rückgang. Abbildungen 5, 6 und 7 veranschaulichen diese Entwicklung an drei Schleusen: Iffezheim am Oberrhein, Jochenstein an der oberen Donau (Deutsch-Österreichische Grenze) und Koblenz an der Mosel. Der Rückgang beträgt -69,5% für die Mosel an der Schleuse Koblenz und -81,8% für den Rhein an der Schleuse Iffezheim, verglichen mit 2019. Der Einbruch auf der Donau im Jahr 2020 summiert sich auf -91% gegenüber dem Vorjahr.

 

ABBILDUNGEN 5, 6 UND 7: JÄHRLICHE ANZAHL VON KREUZFAHRTSCHIFFSDURCHFAHRTEN AUF DER DONAU, DEM RHEIN UND DER MOSEL




Quellen: Deutsche Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung und Moselkommission
* Rhein = Oberrhein (Schleuse Iffezheim)
Donau = Obere Donau an der deutsch-österreichischen Grenze (Schleuse Jochenstein)
Mosel = Schleuse Koblenz

 

  • In der Zeit vor der Pandemie folgte der Kreuzfahrtverkehr auf allen drei Flüssen einem positiven Trend. Aufgrund der strengen Lockdown-Maßnahmen, die Anfang 2020 verhängt wurden, kam die Aktivität jedoch fast vollständig zum Erliegen, nur in der zweiten Jahreshälfte 2020, während der Aufhebung der Lockdown-Maßnahmen, kam es zu einer geringfügigen Wiederbelebung der Branche.
  • Die folgenden Tabellen zeigen Zahlen zum Schiffsverkehr und zu den Passagierzahlen an der deutsch-österreichischen, der slowakisch-ungarischen und der ungarisch-kroatisch-serbischen Grenze.
  • Der Großteil der Donau-Kreuzfahrten besteht aus Kurzreisen mit einer Dauer von 5, 7 oder 8 Tagen auf den Routen Passau-Wien-Bratislava-Budapest-Passau und Wien-Bratislava-Budapest sowie aus Fahrten zu und von Rhein- und Mainhäfen. Die Zahlen für Donaukreuzfahrten sind daher zwischen Wien und Budapest am höchsten. Diese Verkehrszahlen werden aus den Messungen an der slowakisch-ungarischen Grenze (Gabčíkovo), die zwischen diesen beiden Städten liegt, gewonnen.
  • Kreuzfahrten von Passau ins Donaudelta, mit einer Dauer von 14, 15 oder 16 Tagen, sind im Allgemeinen seltener als die kürzeren Fahrten zwischen Passau oder Wien und Budapest. Die Zahlen für diese zweiwöchigen Fahrten werden vom Grenzpunkt Mohács in Südungarn bezogen.

 

TABELLE 1: KREUZFAHRTVERKEHR AN DER DEUTSCH-ÖSTERREICHISCHEN GRENZE (SCHLEUSE JOCHENSTEIN) UND ANZAHL DER PASSAGIERE

JahrAnzahl der SchiffsdurchfahrtenAnzahl der Passagiere
20153.456473.800
20163.134430.000
20173.204414.153
20183.625507.665
20193.668512.500
202032425.160

Quellen: Deutsche Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung und Donaukommission
 

TABELLE 2: KREUZFAHRTVERKEHR AN DER SLOWAKISCH-UNGARISCHEN GRENZE (SCHLEUSE GABČÍKOVO) UND ANZAHL DER PASSAGIERE

JahrAnzahl der SchiffsdurchfahrtenAnzahl der Passagiere
20153.702534.000
20163.946564.700
20174.210595.500
20183.945548.800
20195.141720.800
202055756.100

Quelle: Donaukommission
 

TABELLE 3: KREUZFAHRTVERKEHR AN DER UNGARISCH-KROATISCH-SERBISCHEN GRENZE (MOHÁCS) UND ANZAHL DER PASSAGIERE

JahrAnzahl der SchiffsdurchfahrtenAnzahl der Passagiere
201566783.000
201669386.900
201770797.700
2018754103.600
20191.017135.040
2020585.141

Quelle: Donaukommission
 
 
Ausblick für Flusskreuzfahrten

  • Aufgrund der anhaltenden Reisebeschränkungen wird erwartet, dass Passagiere aus den Überseeregionen auch 2021 nicht in die EU reisen werden. Die Reiseveranstalter haben daher ihre Angebote angepasst, um mehr nationale Routen für europäische Gäste anzubieten. Viele Schiffe, die in normalen Zeiten Touristen aus Übersee befördern, werden voraussichtlich auch 2021 aus dem Verkehr gezogen bleiben.
  • Die Prognosen gehen von einer möglichen Wiederaufnahme des Betriebs im Jahr 2022 aus. Der Betrieb der Kreuzfahrtschifffahrt auf europäischen Flüssen wird vor allem von der Pandemiesituation abhängen. Es gibt daher drei mögliche Szenarien:32
    1) vollständige Aufhebung der Quarantäne in allen Ländern;
    2) Lockerung oder Beibehaltung der Quarantänemaßnahmen nur in einigen Ländern;
    3) Beibehaltung der Einschränkungen für den Personentransport.
  • Im ersten Szenario würden Kreuzfahrten stattfinden und ihre Anzahl würde hauptsächlich durch die Kundennachfrage bestimmt werden. Angesichts der teilweise rückläufigen Einkommen und der Gesundheits- und Sicherheitsbedenken der Kunden (vor allem bei den wichtigen Kundenmärkten wie den US-Amerikanern) ist eine hohe Nachfrage unwahrscheinlich. Auch die Gesamtzahl der beförderten Touristen wird aufgrund der Umsetzung von Gesundheitsvorschriften auf Schiffen und möglicher Einschränkungen bei Landausflügen deutlich zurückgehen. Die Szenarien 2 und 3 würden Langstreckenfahrten ziemlich schwierig, wenn nicht gar unmöglich machen.
  • Die Pandemie hat auch andere Regionen in der Welt betroffen. In den USA ist zu beobachten, dass die Veranstalter ihre Flusskreuzfahrten ebenfalls anpassen, um mehr nationale Gäste anzulocken. In Südostasien litt der Flussbetrieb ebenfalls unter dem Ausbleiben von Touristen aus Übersee, mit Ausnahme des Flusses Jangtse, da das Leben in China mehr oder weniger „zurück zur Normalität“ gekommen ist. Auch in China scheint die pandemiebedingte Pause beim Flottenausbau vorbei zu sein und mehrere neue Schiffe sind bestellt.

 

FALLSTUDIE ZUM VERKEHR DER TAGESAUSFLUGSSCHIFFE IN STRAßBURG

 

  • Als Fallstudie für dieses Marktsegment wurden die Tagesausflugschiffe (BATORAMA) in Straßburg gewählt. Die monatlichen Fahrgastzahlen wurden der Datenbank des Hafens von Straßburg entnommen.

 

ABBILDUNG 8: ANZAHL DER PASSAGIERE AUF TAGESAUSFLUGSSCHIFFEN IN STRASSBURG (BATORAMA)


Quellen: Daten des Port Autonome de Strasbourg, Berechnung ZKR
 

  • Die Zahl der Passagiere steigt im allgemeinen mit dem Fortschreiten der Sommersaison und erreicht für den betrachteten Zeitraum im August einen Spitzenwert, der im Herbst wieder sinkt. Die Abwärtsbewegung stoppt regelmäßig im Dezember eines jeden Jahres, aufgrund der Weihnachtsfeiertage, wenn Touristen den Straßburger Weihnachtsmarkt besuchen. Die Kurve erreicht ihr absolutes Jahrestief im Januar.
  • Zwischen 2016 und 2019 ist eine starke Saisonalität zu beobachten und ein gewisses jährliches Wachstum der Passagierzahlen auf den BATORAMA-Tagesausflugsschiffen im Vergleich zum Vorjahr.

 

TABELLE 4: JÄHRLICHE ANZAHL DER PASSAGIERE AUF DEN BATORAMA-TAGESAUSFLUGSSCHIFFEN UND ÄNDERUNGSRATE IM VERGLEICH ZUM VORJAHR

JahrAnzahl der PassagiereÄnderungsrate in %
2016714.713-
2017772.852+8,1
2018773.888+0,1
2019785.144+1,5
2020166.535-78,8

Quellen: BATORAMA/Port de Strasbourg, Berechnung ZKR
 

  • Die Grafik zeigt deutlich die signifikanten und schwerwiegenden Auswirkungen von Covid auf die Fahrgastzahlen im Jahr 2020. Im Vergleich zum Jahr 2019 ist die Zahl der Passagiere um fast 80% gesunken. Im April und November 2020 (den entscheidenden Monaten der ersten und zweiten Ansteckungswelle in Europa) wurden keine Passagiere auf den BATORAMA-Schiffen registriert. Ein Aufschwung wurde im August 2020 beobachtet, aber die Zahlen sind offensichtlich wesentlich niedriger als in den Vorjahren.
  • Im Jahr 2021 wird die Pandemie wahrscheinlich weiterhin Auswirkungen auf Tagesausflugsfahrten haben. Die Passagierzahlen in den ersten Monaten des Jahres 2021 blieben extrem niedrig, selbst wenn man die oben erwähnte Saisonalität berücksichtigt. Zukünftige Entwicklungen werden unweigerlich mit der Anzahl der Impfungen und der möglichen Lockerung der Beschränkungen für den Personenverkehr verbunden sein.