• Die Segmente Eisenerz und Stahl verzeichneten im Jahr 2022 einen Rückgang sowohl in den Rhein- als auch in den Donaustaaten. Die Auswirkungen des Krieges, der Inflation und der Unterbrechungen der Lieferkette werden voraussichtlich auch im Jahr 2023 anhalten und zu anhaltender Unsicherheit führen. Für 2024 wird ein Wiederanstieg erwartet.
• Für die Erntesaison 2022/23 wird einerseits mit einem Anstieg der Weizen- und Gerstenerntemengen gerechnet, andererseits mit einem Rückgang der Erntemengen beim Mais im Vergleich zum Vorjahr.
• Angesichts des unsicheren geopolitischen Umfelds und der verschlechterten wirtschaftlichen Bedingungen bleiben die Aussichten für die chemische Industrie im Jahr 2023 düster. Es wird erwartet, dass Produktion und Nachfrage aufgrund mangelnder Aufträge, unterbrochener Lieferketten und hoher Energiekosten zurückgehen werden.
• Es wird erwartet, dass die Nachfrage nach Flusskreuzfahrten im Jahr 2023 wieder das Niveau von vor der Pandemie erreicht. Es bleibt jedoch ungewiss, inwieweit sich Faktoren wie steigende Energie- und Kraftstoffpreise, Schwierigkeiten bei der Personalrekrutierung und die Inflation auf die Neubautätigkeit auswirken werden.
SEGMENT EISENERZE UND STAHL
- Auf dem gesamten Rhein entfallen 2022 rund 20% des gesamten Güterverkehrs auf die Stahlproduktion (Eisenerz, Stahlschrott, Kokskohle, Metalle, Metallerzeugnisse). Auf der Donau ist dieser Anteil noch höher und beträgt für die mittlere Donau 40%.
- Der Transport von Eisenerz auf dem Rhein folgt im Allgemeinen der Entwicklung der Stahlproduktion. Die Stahlproduktion in den Rheinstaaten ging 2022 um -7,9% gegenüber 2021 zurück. Die Beförderung von Eisenerz auf dem gesamten Rhein sank 2022 um -2,8%.
- Die Stahlproduktion in den Donaustaaten61 belief sich im Jahr 2022 auf 18,1 Millionen Tonnen, was einem Rückgang von -12% gegenüber 2021 entspricht. Der Transport von Eisenerz in den Staaten der unteren Donau ging 2022 um -4,4% zurück.
- Laut Eurofer62 war im zweiten Quartal 2022 – unter Berücksichtigung des globalen geopolitischen Kontextes, der kriegsbedingten Störungen, der schwächeren Nachfrage und des Anstiegs der Energiepreise und der Produktionskosten – ein schnelles Ende des positiven Post-Covid-Trends zu verzeichnen, der für den Stahlmarkt bis zum ersten Quartal 2022 vorherrschte. Somit erlebte die Stahlnachfrage im Jahr 2022 die dritte Rezession innerhalb von vier Jahren. Es wird erwartet, dass sich diese Entwicklung 2023 fortsetzen wird, allerdings in geringerem Maße. Die Aussichten für 2024 sind günstiger, und es wird erwartet, dass sich die Stahlnachfrage erholen wird.
- Trotz der oben erwähnten schwierigen Bedingungen war 2022 noch ein Produktionswachstum in den stahlverarbeitenden Sektoren zu beobachten. Es wird erwartet, dass dieses sich 2023 verlangsamt (+0,3%)63 und 2024 (+2,3%) dank des verbesserten Vertrauens in die Wirtschaft und der Erholung des Industriezyklus wieder etwas an Fahrt gewinnt. Die einzige Ausnahme bildet der Automobilsektor, für den 2023 ein moderates Wachstum und 2024 ein Produktionsrückgang (-1,8%) erwartet wird.
- Die World Steel Association sieht in ihrem kurzfristigen Ausblick vom Mai 202364 ähnliche Trends wie Eurofer voraus, mit einer Tendenz zu stärkeren Veränderungen. Für das Jahr 2023 wird ein leichter Rückgang der Stahlnachfrage in der Europäischen Union und im Vereinigten Königreich (-0,4%) erwartet, der auf die anhaltenden Auswirkungen des Krieges sowie auf die Inflation und Störungen in der Lieferkette zurückzuführen ist. Für 2024 wird ein Wiederanstieg von +5,6% erwartet, da davon ausgegangen wird, dass die vorgenannten Auswirkungen abklingen werden. Die Aussichten sind jedoch mit anhaltender Unsicherheit behaftet.
- Landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel haben in der Rheinschifffahrt einen Anteil von etwa 10% und in der Donauschifffahrt von etwa 23%, Im Allgemeinen wird die Beförderung landwirtschaftlicher Erzeugnisse auf den Binnenwasserstraßen in einem bestimmten Jahr zu einem Teil durch die Ernteergebnisse des aktuellen Jahres sowie des Vorjahres bestimmt.
- Der Krieg brachte die ukrainischen und russischen Getreideexporte zum Erliegen, vor allem wegen der Schließung der ukrainischen Häfen am Schwarzen Meer und der gegen Russland verhängten Sanktionen. Der darauf folgende Anstieg der Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse dauerte bis Ende Juli 2022. Im August 2022 wurden die Schwarzmeerhäfen wieder geöffnet. Der Versorgungsengpass verschwand und die Preise sanken auf das Vorkrisenniveau. Bis Ende 2022 blieben die Preise für Mais und Gerste auf diesem Vorkrisenniveau, während die Weizenpreise weiter sanken.65
- Weizen
Für die Erntesaison 2022/2366 von Weichweizen wird sowohl weltweit als auch für die EU-27 ein Anstieg prognostiziert. Für Frankreich als wichtigstem Erzeugerland in der EU-27 wird erwartet, dass die Mengen leicht unter dem 5-Jahres-Durchschnitt liegen werden. Für die folgende Saison 2023/24 wird ein weiterer Anstieg der Weichweizenernte auf 787 Millionen Tonnen erwartet. Der Zuwachs soll aus den russischen, ukrainischen und US-amerikanischen Regionen kommen.67 Bei Hartweizen werden in der Erntesaison 2022/23 33 Mio. Tonnen geerntet, was einem um +5% höheren Ergebnis als in der vorangegangenen Saison entspricht.
Die Ausfuhren von Weichweizen (Korn und Mehl) aus der Europäischen Union werden in der Erntesaison 2022/23 voraussichtlich um +7% gegenüber 2021/22 und um +11% gegenüber 2020/21 steigen. Die wichtigsten Bestimmungsländer dieser Ausfuhren sind Länder in Nordafrika wie Marokko, Algerien und Ägypten.68 Das Getreide wird vor allem von den nordfranzösischen Häfen in diese Länder exportiert und mit Binnenschiffen aus dem Hinterland zu den Seehäfen gebracht. Der Fluss-See-Hafen von Rouen ist der größte Exporthafen für Getreide in Europa. - Gerste
Für die Saison 2022/23 wird ein Anstieg der weltweiten Erzeugung um +3% auf 154 Mio. Tonnen erwartet. Die Preise für europäische Gerste sind gesunken, was die Wettbewerbsposition der europäischen Gerste gegenüber der russischen Gerste gestärkt hat. - Mais
Die Ernteergebnisse werden in der Saison 2022/23 voraussichtlich um -6% gegenüber der vorherigen Saison zurückgehen. Dazu trägt vor allem ein starker Rückgang der Maisexporte aus Argentinien bei, der auf die geringen Erntemengen in Argentinien zurückzuführen ist. Auch die Maisausfuhren aus den USA werden voraussichtlich zurückgehen. - Auf der Nachfrageseite wurden die Prognosen für den Weizenverbrauch aufgrund der wirtschaftlichen Lage im Jahr 2023 nach unten korrigiert. Diese Abwärtskorrektur gilt für alle Arten des Weizenverbrauchs (menschlicher, industrieller und tierischer Verbrauch).
ABBILDUNGEN 1 UND 2: STAHLERZEUGUNG IN DEN RHEINSTAATEN UND EISENERZTRANSPORT AUF DEM GESAMTEN RHEIN
Quellen: World Steel Association, Eurofer, Destatis, Rijkswaterstaat, ZKR-Analyse
ABBILDUNGEN 3 UND 4: STAHLERZEUGUNG IN DEN DONAUSTAATEN UND EISENERZTRANSPORT AUF DER UNTEREN DONAU *
Quellen: World Steel Association, Eurostat [iww_go_atygo]
* Untere Donau = Rumänien und Bulgarien
Für die Länder des mittleren Donauraums fehlten die meisten Daten.
Ausblick für das Segment Eisenerze und Stahl
LANDWIRTSCHAFTLICHE ERZEUGNISSE UND LEBENSMITTEL
ABBILDUNGEN 5 UND 6: GETREIDEPRODUKTION UND TRANSPORT VON LANDWIRTSCHAFTLICHEN ERZEUGNISSEN IN DEN RHEINSTAATEN
Quelle: Eurostat [apro_cpsh1] und [iww_go_atygo]
ABBILDUNGEN 7 UND 8: GETREIDEPRODUKTION IN DEN DONAUSTAATEN UND TRANSPORT VON LANDWIRTSCHAFTLICHEN ERZEUGNISSEN IN DEN DONAUSTAATEN
Quelle: Eurostat [apro_cpsh1] und [iww_go_atygo]
AUSBLICK FÜR DAS AGRAR- UND LEBENSMITTELSEGMENT
TABELLE 1: ERNTEMENGEN IN DER SAISON 2022/23 IM VERGLEICH ZUM 5-JAHRES-DURCHSCHNITT
Erntesaison 2022/23 in Millionen Tonnen | Welt | EU-27 | Frankreich |
---|---|---|---|
Weichweizen | 768 | 126,0 | 33,7 |
5-Jahres-Durchschnitt | 728 | 124,1 | 35,0 |
Hartweizen | 33 | 7,1 | 1,3 |
5-Jahres-Durchschnitt | 34 | 7,6 | 1,7 |
Mais | 1.150 | 52,1 | 9,9 |
5-Jahres-Durchschnitt | 1.144 | 66,4 | 12,9 |
Gerste | 154 | 51,5 | 11,4 |
5-Jahres-Durchschnitt | 149 | 52,4 | 11,8 |
Quellen: FranceAgriMer mai 2023, Banque CIC agriculture, Europäische Kommission, Service de la statistique et de la prospective (SSP) du Ministère de l’agriculture et de l’alimentation (Frankreich)
CHEMIKALIEN
- Im Jahr 2022 waren die wichtigsten makroökonomischen Indikatoren, die den Chemiesektor beeinflussten, größtenteils mit den Nachwirkungen des bewaffneten Konflikts zwischen Russland und der Ukraine verbunden: globale Inflation, Abschwächung des BIP-Wachstums, sinkendes Verbrauchervertrauen, Volatilität des Ölpreises, der sich auf die Finanzlage mehrerer globaler Chemieproduzenten auswirkte. Dazu kamen hohe Gaspreis, Engpässe bei der Versorgung mit Rohstoffen und deren hohe Preise, die sich auf die gesamte chemische Wertschöpfungskette auswirkten und extreme Wetterereignisse (Niedrigwasser), die den Transport von Chemikalien beeinträchtigten und zu weiteren wirtschaftlichen Störungen führten.69
- Der Anteil von chemischen Erzeugnissen an der Rheinschifffahrt beläuft sich auf etwa 17% und auf der Donau haben chemische Erzeugnisse einen Anteil von 11%, Die Beförderungsleistung für Chemikalien in den Rheinstaaten ist in den letzten fünf Jahren auf einem relativ stabilen Niveau geblieben, mit deutlichen Rückgängen in den Jahren 2018 (Niedrigwassereffekt) und 2022 (als Folge des Krieges in der Ukraine und des Niedrigwassers).
- In den Rheinstaaten folgte die Produktion von chemischen Erzeugnissen bis 2018 dem Aufwärtstrend der Konjunktur. In den Jahren 2019 und 2020 geriet diese durch verschiedene Handelsbarrieren und die Covid-19-Pandemie unter Druck. Im Jahr 2021 erholte sich die Chemieproduktion durch einen Rebound-Effekt. Im Jahr 2022 kam es dann in allen Rheinstaaten zu einem starken Rückgang, der auf den Preisanstieg bei den petrochemischen Inputfaktoren zurückzuführen war. Der Chemiesektor ist in der Tat ressourcenintensiv und der größte Energieverbraucher in Europa.
- Die auf der Donau beförderten Mengen an chemischen Stoffen folgen, wenn auch auf niedrigerem Niveau, einem eher positiven Trend, wobei, wie in den Rheinstaaten, 2018 und 2022 einige Rückgänge zu verzeichnen sind. Im Jahr 2022 ist die Chemieproduktion in Rumänien und Ungarn zurückgegangen, während sie in Österreich stabil blieb und in Bulgarien sogar zunahm.
- Da 88% aller chemischen Erzeugnisse in der EU in acht Ländern hergestellt werden, von denen vier Rheinstaaten sind (Deutschland ist der größte Produzent, gefolgt von Frankreich, den Niederlanden und Belgien), hat die Entwicklung des Chemiesektors in den Rheinstaaten einen starken Einfluss auf den Chemiesektor der EU. Insgesamt ist die Chemieproduktion in der EU im Jahr 2022 gegenüber 2021 um -6,2% zurückgegangen. Der letzte vergleichbare Produktionseinbruch war 2009 im Zuge der Weltwirtschaftskrise zu verzeichnen (-12,1% gegenüber 2008). Der Chemiesektor ist der Sektor des verarbeitenden Gewerbes, dessen Produktionswachstum im Vergleich zu 2021 am stärksten zurückging, während das Produktionswachstum des verarbeitenden Gewerbes im Jahr 2022 insgesamt um +2,2% zunahm (im Vergleich zu 2021).70
- Angesichts des unsicheren geopolitischen Umfelds und der Verschlechterung der wirtschaftlichen Bedingungen bleiben die Aussichten für die chemische Industrie im Jahr 2023 düster. Anders als nach der Covid-19-Pandemie oder der Weltwirtschaftskrise 2009 wird keine kräftige oder schnelle Erholung erwartet. Eine genaue Prognose ist jedoch aufgrund der volatilen Rahmenbedingungen, die der bewaffnete Konflikt zwischen Russland und der Ukraine und die daraus resultierende Energiekrise darstellen, schwer zu erstellen. Insbesondere der Trend der industriellen Schwäche wird sich voraussichtlich im Jahr 2023 fortsetzen. In Deutschland wird laut dem Verband der Chemischen Industrie (VCI) ein weiterer Rückgang der Chemieproduktion erwartet.71 Die wirtschaftliche Erholung in China und der allmähliche Rückgang der Energiepreise dürften jedoch mittelfristig die Erholung der europäischen Wirtschaft unterstützen. Die Herausforderungen für die Branche dürften daher auch 2023 in Form einer geringeren Nachfrage nach chemischen Produkten aufgrund fehlender Aufträge, unterbrochener Lieferketten und hoher Energiekosten erheblich sein.
- Der derzeitige regulatorische und finanzielle Rahmen wirkt sich auch negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit der chemischen Industrie in Europa aus, insbesondere wenn man den europäischen Wettbewerbsrahmen mit Regionen vergleicht, in denen die Energiepreise günstiger sind als in der EU, was eine zusätzliche Herausforderung darstellt.
- Längerfristig könnten sich auch andere Parameter im Zusammenhang mit der Umstrukturierung der chemischen Industrie im Allgemeinen auf die Binnenschifffahrt auswirken. Die Unterbrechung des Jahres 2022 hat die Anfälligkeit der Versorgungskette in dieser Branche deutlich gemacht. Dies könnte zu einer Neuausrichtung der wichtigsten Produktionsregionen und Absatzkanäle der Branche oder zur Suche nach neuen Rohstoffquellen führen. Darüber hinaus könnten auch regulatorische Fragen und Umweltbelange den Wandel in diesem Sektor vorantreiben, insbesondere im Hinblick auf die Verwendung und den Transport alternativer Rohstoffe für die Herstellung von Chemikalien und Endprodukten.
ABBILDUNGEN 9, 10, 11 UND 12: INDEX DER CHEMIEPRODUKTION UND TRANSPORT VON CHEMIEPRODUKTEN IN DEN RHEIN- UND DONAUSTAATEN
Quelle: Eurostat [STS_INPR_A], [IWW_GO_ATYGO]
AUSBLICK FÜR DAS CHEMIESEGMENT
AUSBLICK FÜR FLUSSKREUZFAHRTEN
- Die Neubautätigkeit für Flusskreuzfahrten in Europa wird 2023 voraussichtlich gering bleiben. Während die Kapazität der Schiffe, die die Flotte verlassen, in den letzten Jahrzehnten weit unter der hinzugekommenen Kapazität lag, was zu einem kontinuierlichen Anstieg der Bettenkapazität der europäischen Flusskreuzfahrtflotte führte, wird im Vergleich zu 2022 nur eine zusätzliche Kapazität von 100 Betten geschätzt. Dies erklärt sich aus der höheren Zahl der vorgesehenen Abgänge im Vergleich zur Zahl der neu in den Flusskreuzfahrtmarkt eintretenden Schiffe. Dies scheint damit zusammenzuhängen, dass einige Flusskreuzfahrtschiffe dauerhaft in schwimmende Hotels umgewandelt werden, um ukrainische Flüchtlinge im Zusammenhang mit dem anhaltenden Konflikt aufzunehmen.
- Die Flusskreuzfahrtbranche ist optimistisch, dass die Nachfrage nach Flusskreuzfahrten im Jahr 2023 wieder das Vor-Pandemie-Niveau erreichen wird. Dies könnte künftige Investitionen in die Neubautätigkeit fördern. Die Manager von Binnenschifffahrtsunternehmen sind weiterhin optimistisch, geben aber auch an, dass sie mit mehreren Bedenken konfrontiert sind, die ihre Investitionen verzögern könnten: steigende Energie- und Kraftstoffpreise, Schwierigkeiten bei der Einstellung von Personal, Inflation und steigende Preise für Rohstoffe, Schwierigkeiten bei deren Lieferungen und Beschaffung. Trotz ihres Willens, in den kommenden 12 Monaten zu investieren, bleibt es also ungewiss, inwieweit die Neubautätigkeit in naher Zukunft durch die oben genannten Faktoren beeinträchtigt wird.72